Brunftzeit im Richmond Park
Wenn das Röhren der Rothirsche die Stille der herbstlichen Morgendämmerung durchbricht, ist Hühnerhaut garantiert! Um von den imposanten Wildtieren gelungene Fotos zu machen, habe ich den Richmond Park in England besucht.
Unterwegs im Park
Der Richmond Park ist eine Naturoase am Rande der Millionenmetropole London. Hier können Revierkämpfe stolzer Hirschbullen sowie die imposante Skyline Londons bestaunt werden. Der im Jahre 1637 von König Charles I gegründet Park ist mit einer Fläche von 10 km2 der grösste der königlichen Parks in London und geniesst grosse Beliebtheit. Rund 5.5 Millionen Besucher kommen jährlich hierher. Es ist ein Erholungsgebiet für Einheimische und eine Naturattraktion für Menschen aus dem Inn- und Ausland. Ob zu Fuss, mit dem Fahrrad oder dem Auto: Primär möchten die Besucher einige der über 650 Rot- und Dammhirsche im Richmond Park beobachten. Aber Achtung! Die wilden Tiere sind alles andere als ungefährlich und ein gebührender Abstand ist wichtig. Jedes Jahr werden Unfälle verzeichnet, beide denen unvorsichtige Besucher von Hirschen angegriffen und schwer verletzt werden.
Es gibt hier aber noch weitaus mehr zu geniessen. Was ich als aller erstes im Park gesehen habe, konnte ich erst gar nicht glauben. Es war ein Halsbandsittich! Erst dachte ich mir, dass dieser wohl aus einem Zoo entflogen sein musste. Doch als ich später ganze Schwärme davon gesehen habe, wusste ich, dass diese Tiere tatsächlich hier leben. Park Ranger haben mir erläutert, dass die ersten - ursprünglich aus dem Himalaya stammenden - Sittiche Anfangs des 20. Jahrhunderts nach England eingeschleppt wurden. Mittlerweile haben die Vögel sich in ganz England verbreitet und sind trotz ihrer bunten Erscheinung ein eher unwillkommener Gast. Dasselbe trifft leider auch auf die niedlichen Grauhörnchen zu. Diese wurden 1876 aus Nord Amerika eingeschleppt und sind mittlerweile in ganz Grossbritannien anzutreffen. Aufgrund fehlender natürlicher Feinde haben sich die Nager stark ausgebreitet und verdrängen die kleineren, einheimischen Eichhörnchen.
Auch Hasen, Käuze, Schwäne, Singvögel, Füchse.... All dies und vieles mehr, kann auf Streifzügen durch imposante Eichenwälder und weite Grünflächen entdeckt und bestaunt werden. Eine besondere Bedeutung kommt den Dolen und Staren zu. Diese setzen sich liebend gerne auf die Hirsche nieder und picken Insekten und Parasiten aus Ohren, Fell, Nase... Was dem Beobachter sehr lustig erscheint, ist für die Hirschtiere jedoch äusserst lästig und unangenehm.
Auch Jahrhunderte alte Traditionen können zum Staunen anregen. So gilt zum Beispiel noch heute, dass die Aussicht vom "King Henry's Mound" auf den über 16 km entfernten "St Paul's" freigehalten werden muss. Es darf nichts gebaut oder gepflanzt werde, was den freien Blick auf die prächtige Kathedrale stören könnte.
Zweikampf Verhalten
Bevor ein ernster Zweikampf zwischen den Hirschbullen losgeht, kann häufig ein "Vorspiel" beobachtet werden, welches an einen Synchron-Tanz erinnert. Die zwei Tiere gehen parallel nebeneinander her, wenden sich dann von einander ab, röhren in der Gegend herum, ehe sie sich wieder einander zuwenden, den Kopf mit imposantem Geweih nach unten senken und dann mit gewaltiger Wucht aufeinander losgehen. Nach Kampfende wird der Verlierer in die Flucht geschlagen. Nicht selten finden die Kämpfe auch im hohen Farndickicht statt, wonach die Tiere mit neuen Herausforderungen zu kämpfen haben... :-)
Der stolze Platzhirsch-Sieger gibt regelmässig akustisch und mit eindrücklicher Geste bekannt, wer hier das Sagen hat und sich um die zahlreichen Weibchen und den Nachwuchs kümmert.